MEDITATION SELBST AUSPROBIEREN
Schon lange war ich auf der Suche nach einem spirituellen Weg gewesen. Der Zufall wollte es, dass ich hier im Riethüsli angekommen bin. Ich bin sehr glücklich darüber.
Sitzen und schweigen verlangen Zeit und auch Mut. Sitzen in der Gruppe fällt mir leichter als zu Hause alleine sitzen, das ich auch übe, was sehr empfehlenswert ist. Das Gemeinsame in der Gruppe schenkt Energie: wir schliessen die äussere Türe und öffnen unsere innere.
(Frau, 58-jährig)
Doch immer am Anfang der Meditation ist da die grosse Unruhe, das pochende Herz, das Gefühl auch: Eigentlich habe ich keine Zeit auf dem Kissen zu sitzen. Sitzen schmerzt manchmal auch, Verspannungen sind da. Die Gedanken tanzen wild im Kopf. Eine dunkle Macht lässt den Atem stocken, will mich vom Kissen wegführen. Ich könnte ja draussen in der Welt etwas verpassen. Doch nach zwei Stunden Sitzen und Schweigen hat die Entschleunigung stattgefunden: Ich bin bei mir angekommen im Jetzt.
Gewinn
Ich übe nun ein Jahr und es ist viel geschehen in diesen vergangenen Monaten.
Ich weiss vermehrt, was es heisst:
– Stille erfahren
Die Stille geniessen ist ein grosser Gewinn. Stille geht für mich im Gleichschritt mit gelassen werden. Natürlich kommt dann auch ein Gefühl der Verlassenheit auf – manchmal. Stille und Ruhe sind heilsam, vor allem bei Ärger, Ängsten und sonstigen seelischen Bedrängnissen.
– Materialismus und menschliche Beziehungen immer wieder neu zu überdenken
Weggeben, aufgeben, abgeben: Ein langer, schmerzhafter, aber äusserst lehrreicher Prozess mit vielen Rückfällen. Aber mit Geduld und Weitblick wird immer wieder alles leicht, die Situationen und meine Seele auch. Seit einem Jahr bin ich auch vermehrt
– auf der Suche nach dem Göttlichen (die Inputs und Angelus Silesius haben es mir sehr angetan).
Beim Sitzen fühle mich geerdet mit meinem Körper und durch den Atem auf der einen Seite. Auf der anderen Seite spüre ich da so etwas wie eine goldene vom Himmel herabhängende Schnur. Daran darf ich mich halten. Manchmal entzieht sich mir deren Anfang wieder. Aber es lohnt sich immer wieder nach dieser goldenen Schnur zu greifen – ein Leben lang. Vielleicht kommt sie einst – die Erleuchtung – sicher hoffentlich am Ende unseres Lebens. Für mich ist Meditation nach Via Integralis also zu einer Art Suche nach Gott geworden. Ich werde offen für ihn und warte geduldig, ob ich ihm in meinem Urgrund begegne.
Aber aufgepasst- Je mehr wir festhalten, desto mehr wird uns genommen. Lassen wir los, wird uns geschenkt: all das, was wir zu einem glücklichen, leichten, ehrlichen Leben brauchen.
Ich wünsche allen unter uns diese Erfahrung immer wieder neu.
Hier habe ich einen Rahmen gefunden, in dem ich meine Religiosität überhaupt zu leben wage, was ich mich früher nur sehr zaghaft getraute. Er ist einfach, doch fest genug, damit mein Bemühen nicht wieder versandet – wie früher oft geschehen. Ich kann dabei ganz mich selbst bleiben und muss mich nicht verbiegen. Das alles ist für mich äusserst befreiend, durch alle Facetten meines Lebens hindurch
Lange habe ich gedacht, je tiefer die Meditation, desto besser meistere ich dann meinen Alltag – und flüchtete vor dem Alltag in die Meditation. Im Moment versuche ich diese Wechselwirkung «Meditation – Alltag» grad umgekeht zu leben: Ich fokussiere mein Leben auf weniges, statt in 1000 Interessen zerstückelt zu leben – in der Hoffnung, dann in der Meditation tiefer zu mir zu kommen.